Farbwirkung, Farbgestaltung
Farbwirkung, Farbgestaltung
Wirkung der Farben
Farben formen unser Bild von der Welt und wirken auf unsere Seele.
Somit ist ersichtlich, es gibt einen engen Zusammenhang zwischen Farbwahrnehmung und psychologischer Reaktion.
Der Mensch braucht die Farbe, er ist auf farbiges Sehen eingerichtet. Farben sind Energiestrahlen, die natürlich nicht nur ins Auge des Betrachters fallen, sondern auch auf dessen Körper treffen. Daneben erfüllt Farbe auch eine wichtige gestalterische Funktion.
Was Architekten und Farbgestalter tun sollten, ist nichts anderes, als unsere Gebäude harmonisch in die "Welt der Natur" zu integrieren.
Wenn wir ein Bild oder eine Landschaft betrachten, werden wir in erster Linie von der Erscheinung in der Gesamtheit beeindruckt. Die Analyse zeigt, dass sich das Bild oder die Landschaft aus einer Vielzahl von nebeneinanderliegenden Farben zusammen setzt. Diese Vielfalt der Farbnuancen haben wir auf den ersten Blick nicht wahrgenommen. Farbe ist niemals etwas beständiges oder Starres, sondern etwas Flächiges oder Vergängliches und wesentlich abhängig von der Umgebung, in der sie sich befindet. Ein farbiges Ensemble kann definiert werden als farbige, wahrnehmbare Summe dessen, was sich zu einem bestimmten Moment von Raum und Zeit auf dem Blickfeld des Betrachters abbildet.
Was also bereits jetzt deutlich wird, sind Komplexität und Vergänglichkeit des Phänomens Farbe.
Zur Erleichterung seien an dieser Stelle einige geläufige Fakten der Farblehre genannt:
Sicher ist der sechsteilige Farbkreis nach Goethe vertraut. Er weist drei Grundfarben, die Primärfarben (1.Ordnung) - Gelb, Rot, Blau und drei Mischfarben, die Sekundärfarben (2.Ordnung) - Grün, Orange, Lila auf, wobei letztere aus jeweils zwei Grundfarben gemischt sind.
Der zwölfteilige Farbkreis nach Itten ist nachfolgend abgebildet. Er weist noch eine 3.Ordnung auf. Alle diese Farben leuchten. Unbunte Farben sind weiß und schwarz. Sie hellen entweder auf oder machen dunkler. Sie werden auch Tonwerte genannt.
Farbkreis nach Itten
In einem monochromen Farbgefüge ist eine Farbe des Farbkreises aufgehellt und/ oder abgedunkelt.
In einem polychromen Farbgefüge sind zwei oder mehr Farben aufgehellt und/ oder abgedunkelt.
Farbkontraste existieren nach Itten in mehrfacher Hinsicht:
- Der Farbe-an-sich Kontrast ist der einfachste Farbkontrast. Die Grundfarben geben untereinander den stärksten Ausdruck des Farbe-an-sich Kontrastes.
- Der Hell-Dunkel-Kontrast ist ein optischer Primärkontrast. Ohne ihn gibt es keine deutlichen Untersuchungen in der Dingwelt. Zwischen Hell und Dunkel gestaltet sich die gesamte optische Welt, alle Farben, alle Grautöne.
- Der Kalt-Warm-Kontrast beruht auf subjektiven Empfindungen. Rotorange gilt als wärmste, Blaugrün als kälteste Farbe. Temperaturempfindungen von Farbe sind immer relativ.
- Der Komplementärkontrast. Zwei pigmentäre Farben, die zusammengemischt ein neutrales Grau ergeben, sind kompletäre Farben. Auf dem Farbkreis liegen sie sich diamental gegenüber.
- Der Simultan-Kontrast ist ein optischer Komplementärkontrast. Zu einer gegebenen Farbe bildet sich im Gehirn gleichzeitig (simultan) die Gegenfarbe als Farbempfindung und überflutet eine real gegebene, benachbarte Farbfläche, die sich dadurch scheinbar verändert.
- Eine Farbfläche wirkt auf weißem Grund und kleiner, auf schwarzem Grund hingegen heller und größer.
- Der Qualitätskontrast ist ein Kontrast zwischen leuchtender und getrübter Farbe, ausschlaggebend für den Reinheits- und Intensitätsgrad der Farbe.
- Der Qualitätskontrast bezieht sich nach Itten auf das Größenverhältnis von zwei oder mehreren Farbflecken. Er ist also der Gegensatz "viel und wenig" oder "groß und klein".
Damit die Wirkung der reinbunten Farben gleich groß ist, müssen sie nach Goethe in folgenden Mengenverhältnissen vorliegen:
- gelb: Violett = 1:3
- Orange: Blau = 1:2
- Rot: Grün = 1:1
Farben besitzen auch raumbildende Wirkung:
- Warme Farben treten in den Vordergrund, sind nah.
- Kalte Farben treten in den Hintergrund, wirken fern.
- Reine Farben wirken nah, vordergründig.
- Getrübte Farben wirken fern.
- Dunkle Farben sind vordergründig.
- Helle Farben wirken nah.
Ziel der Farbgestaltung und ästhetische Auffassung
Die Sehnsucht nach "Farbharmonie" ist tief im Menschen als biologisches Wesen begründet. Bereits in der Frühgeschichte war der Gebrauch von Farben eng mit rituellen magischen Praktiken verbunden, und auch die uralte Sitte, sich zu schminken oder sich zu tätowieren, wurzelt in dem magischen Denken unserer Vorfahren. Der Symbolgehalt der Farbe ist jedem von uns verständlich und bekannt. Wir reagieren völlig intuitiv: Farben erzeugen also eine bestimmte Atmosphäre, und sie sprechen ganz direkt unsere Gefühle an, ja steuern sogar unsere Temperaturempfindlichkeit.
Auf die ästhetische Gestaltung der Wohnbauten in Großsiedlungen angewandt, kann durch diese psychologische Wirkung von Farben das Lebens - und Arbeitsmilieu seiner Bewohner entscheidend geprägt werden. Farbe beeinflusst räumliche Strukturen, vornehmlich hinsichtlich ihrer Größe und Höhe.
Was erzeugt das Phänomen Farbe beispielsweise emotional?
- Einheit - Vielfalt
- Helligkeit - Dunkelheit
- Leichtigkeit - Schwere
- Nähe - Weite
- Wärme - Kälte
- Festigkeit - Instabilität
- Verdeutlichung - Verschwommenheit
- Orientierungsmöglichkeit - Orientierungslosigkeit
- Aktivität/ Geborgenheit - Passivität/ Einsamkeit
- Freude - Trauer
- Interpretation der Form - Auflösung der Form
Oft erzeugten unsere Großsiedlungen die "dunklen" Gefühle, wie Kälte, Schwere, Einsamkeit, Orientierungslosigkeit. Soweit es nicht durch neue Gestaltung schon geschehen ist, soll und muss es das Ziel sein eine harmonische Einheit in der Wärme, Geborgenheit und Freude dominieren zu schaffen.
Herangehensweise bei der Farbgestaltung von Gebäuden und/ oder Wohnkomplexen
Wir Europäer leben in einer Kulturlandschaft, d.h. die Landschaft, unser Lebensraum ist, so wie wir ihn heute vorfinden, vom Menschen beeinflusst. So ist es deshalb auch von großer Wichtigkeit, dass Menschen die Gestaltung sehr ernst nehmen.
Bevor sie sich an eine Gestaltung heranwagen, sollte eine Baustrukturanalyse in Form einer Checkliste durchgeführt werden, damit alle Fragen von vornherein eine Antwort finden.
Für ein konkretes Farbkonzept ist die Voraussetzung ein Lageplan und ein genaues Prüfen des Umfeldes notwendig:
- Anordnung der Gebäude?
- Dichte und Art der Bebauung?
- Größe der Gebäude?
- Grundstücksgröße und nicht bebaute Flächen?
- Lage der Gebäude zur Umgebung?
- Lage zur Himmelsrichtung?
- Umfeld der Bebauung?
- Dominieren im Umfeld weitere Großsiedlungen?
- Wurden bereits Gebäude schon saniert, wenn ja - wie?
- Existieren im Umfeld historische Gebäude?
- Wie sieht generell die Infrastruktur aus?
- Wie sieht die Begrünung aus bzw. wie wird sie sich entwickeln?
- In welcher Landschaft/ Territorium befindet sich der zu sanierende Gebäudekomplex d.h. welche traditionelle Baustoffe oder Farben sind aufzugreifen?
Erst nach Beantwortung all dieser Fragen ist es möglich, mit einer Farbleitplanung zu beginnen, unter Aufnehmen von architektonischen vorhandenen Details unter Berücksichtigung der verschiedenen Funktionalitäten und der angrenzenden Bebauung.
Gestaltungsmöglichkeiten - Material und verschiedene Fassadentechniken
Material und Farbe sollten immer im Zusammenhang betrachtet werden.
Im Rahmen von Sparzwängen wird zwar immer noch oft eine einfache Betonsanierung mit Farbanstrich ausgeführt. Doch mit der neuen Energie-einsparverordnung wird die Notwendigkeit, eine Wärmedämmung an die Fassade anzubringen, immer wahrscheinlicher.
Zumal sind von der Bundesregierung für Energetische Gebäudesanierung 5,6 Mrd. Euro für den Zeitraum von 2006 - 2009 zu Verfügung gestellt.
Sollte der Energiepass 2007 in Kraft treten, so wird es bei jeder anstehenden Sanierung selbstverständlich sich für eine geeignete Fassadensanierung Wärmedämmverbundsystem (WDVS) oder Vorgehängte Hinterlüftete Fassade (VHF), zu entscheiden.
Aus wirtschaftlichen Gründen und der Gebäudebeschaffenheit ist zu prüfen, welches der beiden Systeme zum Einsatz kommt.
So ist bei Gebäuden bis 5 Geschosse ein Wärmedämmverbundsystem sinnvoll und auch wirtschaftlicher.
Dagegen bei Gebäuden über der Hochhausgrenze (22 m), ist eine Vorgehängte Hinterlüftete Fassade auf Langzeit wirtschaftlicher.
Fassadentechniken
Wärmedämmverbundsystem(WDVS)
Der Aufbau ist wie folgt:
- Dünnbettmörtel
- Wärmedämmschicht (Dicke je nach Berechnung)
- Grundschicht
- Armierung (Putzgewebe, Gittergewebe, Gittermatten)
- Vorbereitungsschicht (falls notwendig)
- Deckschicht (Außenbeschichtung / Farbanstrich)
Mit diesem System erreichen wir nicht nur die gewünschte Energieeinsparung, sondern auch noch, wenn erforderlich eine Integration zu den bereits vorhandenen geputzten Gebäuden.
Die homogene Lochfassade lässt sich durch verschiedene Putzstrukturen plastisch gestalten und durch gezielten Farbeinsatz erhält die Fassade ein lebendiges Erscheinungsbild.
Weitere Details sind die Eingangsbereiche, Balkone oder Loggien, welche Akzente setzen und gleichzeitig zur Orientierungshilfe für Bewohner dienen.
Innerhalb der Wärmedämmverbundsystemarten werden folgende Techniken angeboten, wie:
- Wärmedämmverbundsystem - geklebt
- Wärmedämmverbundsystem - gedübelt
Welche Technik zum Einsatz kommt, ist von jeweiligen Gebäudetyp und Gebäudehöhe und dem bauphysikalischen Zustand abhängig.
Vorgehängte Hinterlüftete Fassade (VHF)
Ohne Zweifel ist die hinterlüftete Vorhangfassade hinsichtlich Wärmedämmung und Hinterlüftung bauphysikalisch unübertroffen. Die funktionalen Vorteile ergeben sich durch vier Komponenten, die diese Konstruktion in sich vereint:- Die Dämmung
- Die Unterkonstruktion inkl. Befestigung
- Die Hinterlüftung
- Die Fassadenbekleidung
Nicht nur bauphysikalisch auch gestalterisch bietet die VHF viele Möglichkeiten, einige seien hier genannt. Durch die verschiedenen Abmessungsmöglichkeiten der Elemente, Befestigungsformen und Materialauswahl ergeben sich viele Möglichkeiten für ein ästhetisch gelungenes Fassadenbild.
Hinzu kommt noch, dass ein hoher Selbstreinigungseffekt da ist, und somit die Fassade auch in Jahren noch ästhetisch eine hohe Qualität aufweist.
Sollte aus wirtschaftlichen Gründen eine komplette Fassade als VHF nicht ausgeführt werden können, so ist auch ein Materialmix mit WDVS und VHF möglich und kann gestalterisch sehr reizvoll wirken.
Für eine VHF können folgende Materialen zum Einsatz kommen:
Faserzementtafeln
Welche durch ihre unterschiedlichen Formate und Verlegetechniken einen großen Gestaltungsspielraum zu lassen
Aluminium
Fassadenplatten auf Farbaluminium werden grundsätzlich auf Aluminiumkonstruktion montiert. Die Ausführung der Tafeln kann außer eben auch in Wellenform erfolgen. Letzter ist im Wohnungsbau nur begrenzt einsetzbar, eventuell bei Balkonbrüstungen.
Aluminiumverbundplatte
Die Aluminiumverbundplatte auch unter dem Namen Alucobond bekannt, ist ein Material für eine anspruchsvolle hinterlüftete Fassade, die hohe Kreativität schon bei der Planung ermöglicht.
Naturstein
Natursteinbekleidungen sind für die Sanierung von Geschossbauten weniger geeignet, da der statische Aufwand so extrem hoch ist. Will man aus irgend welchen Gründen dennoch nicht verzichten, so wäre es nur im Erdgeschossbereich empfehlenswert.
Ziegel
Vor allem in Regionen, die traditionell mit dem Baustoff Ziegel verbunden sind.
Keramik
Keramikplatten können durch ihre Befestigungsart (sichtbar und / oder unsichtbar), eine Fassade gepflegt erscheinen lassen.
Schichtstoffplatten
Die Schichtstoffplatten eignen sich ebenfalls gut für den Einsatz einer VHF. Das Material wirkt bei richtiger Farbauswahl ästhetisch. Besonders gut einsetzbar ist die Platte in Brüstungsbereich bei Balkonen/ oder Loggien.
Rheinzink
Da wo bereits Neubauten mit Rheinzink ausgeführt sind, lässt sich das Material bei einer anstehenden Fassadensanierung gut mit integrieren und verleiht so dem Wohnkomplex ein harmonisches Ganzes.
Hinterlüftete Putzfassade
Sie ist zwar kostenintensiv, bietet aber viele Gestaltungsvorteile.